Ein Erfahrungsbericht zu drei Monaten auf Reisen im Minicamper in Verbindung mit ortsunabhängigem Arbeiten (Remote Work)

Während ich beginne, diesen Blogartikel zu schreiben, blicke ich raus aus unserem Heckfenster auf den Fluss. Ich schaue dem Windspiel auf dem Wasser zu, sortiere meine Gedanken. Aus dem Bauch heraus schreibe ich weiter und setze meine Gedanken direkt um. Immer wieder rücke ich mich auf unserem Sitzpolster zurecht in der Hoffnung eine gerade Sitzpositition zu finden.

Mein Arbeitsplatz ist heute der ausklappbare Küchentisch, Ben sitzt auf dem umgedrehten Beifahrersitz und ist gerade in einer Videokonferenz. Ich höre ihn lachen und bemerke, wie er den Worten des virtuellen Gegenübers lauscht. Mein Blick schweift wieder nach draußen und mir schießen die Gedanken „frei, schön & dankbar“ in den Kopf.

Gleichzeitig aber auch die Angst, wie es wohl werden wird, wenn wir wieder zurück sind von unserer ersten Reise und ich nicht mehr diesen Ausblick habe. Ich umgebe mich mit Gedanken wie „Alltagstrott, kleines Büro ohne Ausblick“ und sperre sie aber wieder gleich weg. Denn, wenn ich etwas auf unserer Reise gelernt habe, dann ist es, eine gewisse Ruhe zu haben, mit einer solchen unsicheren Zukunft umzugehen. Mit Gedanken, die mich unsicher machen und grübelig. Eigentlich möchte ich selbstsicher und dankbar sein für die Möglichkeiten, die sich mir zukünftig bieten. Dennoch schleichen sich unkontrollierbare Gedanken immer wieder ein.

Unser Stellplatz für Remote Work

Heute ist Dienstag. Seit Sonntag stehen wir hier auf einem kleinen Rastplats in Nordschweden. Ab und an fahren Autos vorbei und werfen dabei einen Blick auf unseren Minicamper. Wir sind das mittlerweile gewöhnt – schließlich sieht man nicht allzu häufig einen Caddy mit Aufstelldach. Die Gemeinde vor Ort hat diesen Platz errichtet zum Campen, Ausruhen, gemeinsam grillen und angeln. Hier gibt es verschiedene Grillstellen mit Feuerholz, einen Kaffeekessel, den man über dem Feuer anbringen kann, Trockentoiletten und Sitzbänke. Einfach idyllisch, einheimisch und locker.

Und das Beste für uns: Wir haben gutes ausreichendes Internet und gleichzeitig einen tollen Ausblick. Für uns der absolute Jackpot! Der Platz finanziert sich auf Spendenbasis. Für uns eine Selbstverständlichkeit, in den Briefkasten Geld einzuwerfen.

Die Kombination naturnaher Stellplatz & Internet ist nicht immer leicht zu finden

Nicht immer ist es so einfach einen so guten Platz zu finden. Manchmal lässt uns die Suche nach Internet verzweifeln. Wir fahren Plätze an, die einfach schön sind – aber das Internet ist nicht ausreichend. Wir steigen wieder in Jared Sam ein und fahren weiter. Das gehört zu unserer dreimonatigen Reise mit dazu. Genauso wie, dass wir uns annerven auf den paar Quadratmetern, die wir für unser tägliches Leben zur Verfügung haben. Wie soll es auch anders sein? Wir sitzen täglich aufeinander, arbeiten und leben auf so geringen Platz und gerade, wenn die Routenplanung und das Internet nicht zusammen passen, können wir uns auch mal richtig anzicken. Vor allem, wenn unser Vorgarten nicht benutzt werden kann, weil es regnet, draußen Schnee liegt oder einfach verflucht kalt ist. Wir haben auch aufgehört, nachzuzählen, wie oft wir uns den Kopf anstoßen. Einmal am Tag muss aber sein. 😉

Gerade ich (Vio) habe aber auch gelernt, all diese Situationen ruhiger zu nehmen und bei schlechtem Internet einfach weiterzufahren. Einen neuen Platz zu suchen. Immer mit dem Gedanken im Gepäck: „Es findet sich immer eine Lösung.“ Auch das kann einen tierisch auf den Keks gehen, aber dann steigen wir aus und sehen, wo wir gelandet sind. Die Natur strahlt eine Ruhe aus, die unsere erhitzten Köpfe schnell wieder runter bringt. Oder wir haben auf dem Weg einen Elch oder ein Rentier gesehen. Oder dadurch einen noch viel schöneren Stellplatz gefunden. Generell merken wir, dass wir routinierter darin werden, arbeiten und reisen zusammen zu bringen und stressige Situationen zu händeln. Wir können besser einschätzen, wo das Internet gut ist, wo man wie lange stehen kann, welcher Parkplatz sich zum arbeiten eignet etc. Dafür haben wir aber sicherlich einen Monat gebraucht.

Definitiv muss man so ein Leben mögen

Wer seine feste Routine braucht, seine eigenen vier Wände, seine Rückzugsräume und immer gutes Wetter tut sich wohl sehr schwer bei diesem Lebensmodell. Auch der Support vom Arbeitgeber (wenn vorhanden) ist unglaublich viel wert und gibt uns selbst die Sicherheit, dass wir das, was wir tun, auch tun dürfen. Wenn wir hier auch noch Gegenwind erhalten würden, wäre es für uns noch schwieriger. Schließlich kommen auch wir immer wieder an unsere Grenzen und sind aber jedes Mal wahnsinnig stolz auf uns, wenn wir diese überwinden. Ein Gefühl, dass wir in unserer Komfortzone „Wohnung“ gar nicht mehr so richtig kennen.

Klar ist: wir mussten uns erstmal eingrooven

Sicherlich haben wir es aber auch nicht einfach gemacht. Unsere Reiseroute nach Skandinavien von April bis Juni war nicht auf hohe Temperaturen ausgelegt und unser Minicamper ist kein Allrad bzw. ein großes Wohnmobil. Damit ist auch klar, dass wir uns erstmal eingrooven mussten. Dadurch, dass ich (Vio) zu Beginn unserer Reise keinen festen Job hatte, konnte ich viel organisatorisches wie die Reiseroute planen, kochen, aufräumen etc. übernehmen. Definitiv nicht meine Lieblingsaufgaben, aber es gehört, wie in unserer Wohnung in Augsburg, nun mal mit dazu.

Ben arbeitet vier Tage in der Woche, ab Donnerstag Abend sind wir sozusagen „Internetfrei“ und können wieder frei planen. Und jedes Mal fühlen sich die freien Tage Freitag bis Sonntag so besonders an. Denn wir reisen durch ein uns fremdes Land, sehen und entdecken viel. Aber auch unter der Woche treibt es uns manchmal nach Feierabend weiter zum nächsten Stellplatz.

Das ist unser neuer Alltag und was sollen wir sagen: wir lieben ihn!